Paddelurlaub in Brandenburg

08. Oktober 2011

Paddelurlaub im August 2011 auf der Spree

Seit nunmehr 7 Jahren organisiere ich für unseren Verein, die Mannheimer Kanu-Gesellschaft 1922 e.V. jährlich eine zweiwöchige Paddeltour mit vollem Gepäck auf einem der großen deutschen Flüsse. Nach Rhein, Elbe, Weser, Oder, Main, Donau sollte in diesem Jahr die Spree befahren werden. Intensive Recherchen in den einschlägigen Foren im Internet ergaben, dass der Fluss sehr schön und abwechslungsreich sein soll. Allerdings waren kaum Berichte von Leuten zu finden, die mit Gepäck ab Cottbus bzw. der Staumauer des Spremberg-Stausees gefahren sind. Und genau das wollten wir. Wir, das waren am Ende 16 bzw. zeitweise 18 PaddlerInnen im Alter zwischen 45 und 74 Jahren aus insgesamt 5 bzw. 6 Vereinen. Gefahren wurden in 1 Zweierkajak, 1 Familiencanadier und 12 bzw. 14 Einerkajaks. Bis auf unsere 2 Berliner Freunde, die nur einige Etappen mitfuhren hatten alle ihr komplettes Zeltgepäck an Bord, entsprechend schwer waren daher auch unsere Boote.

Da wir den Weg nach Cottbus nicht in einem Stück fahren wollten legten wir Besichtigungspausen in Weimar, Halle und Naumburg ein. Da wir zu DDR-Zeiten mit Paddelfreunden aus Thüringen schon einmal die Saale gefahren waren wollten wir diese Strecke nun nochmals sehen. Also paddelten wir von Camburg nach Naumburg und bewunderten wieder einmal die Gaststätte „Zum Himmelreich“, hoch oben über dem Saaletal. Im Gegensatz zu damals stiegen wir aber nicht in der Mittagspause hinauf sondern fuhren am nächsten Tag mit dem Wohnmobil dort hin und schwelgten in Erinnerungen an 1987.

Dann trafen wir uns beim Kanuclub ESV-LOK-RAW in Cottbus, bei dem wir angemeldet waren und von dessen Wanderwart ich gute Informationen für die Planung der Fahrt bekommen hatte. Nun war mir auch klar, warum man kaum etwas von Gepäckfahrten oberhalb Cottbus bzw. Burg zu lesen bekam. Hier gibt es eine ganze Reihe von Wehren und Sohlschwellen, die bei normalem Wasserstand mit schwer geladenen Booten nur sehr mühsam zu umtragen sind. Wir änderten daher kurz entschlossen unseren Plan und beschlossen, die beiden ersten Etappen ohne Gepäck zu fahren. Gut für uns war auch der Umstand, dass es vor unserer Tour lang anhaltende Regenfälle gab und die Spree daher Hochwasser führte. Die Talsperre gab statt normalerweise 10 m³/sec deshalb 40 m³/sec ab was zu einer kräftigen Strömung führte. Die Wehre mussten zwar umtragen werden, die Sohlschwellen waren aber entweder abgesoffen oder als gewaltige fahrbare Schwälle vorhanden. Bis auf einen Kenterer kamen alle gut durch und hatten riesigen Spass am „Spreewildwasser“. In Burg zelteten wir an der Jugendherberge wo wir auch gut verpflegt wurden, ein für uns neues Erlebnis auf Gepäckfahrt. Hier wurden dann auch die Boote vollgeladen um am nächsten Tag durch den Spreewald gefahren zu werden. Ich hatte eine schöne Route kreuz und quer durch den Spreewald herausgesucht und dank der guten Jübermannkarte und des GPS mit genauer Karte des Spreewaldes verfuhren wir uns nur ein einziges Mal (und mussten an einem gesperrten Wehr umdrehen). An der Kreuzung kurz nach dem Gasthaus „Zum fröhlichen Hecht“ gab es dann einen echten Bootsstau, denn es kamen tatsächlich gleichzeitig aus allen 4 Richtungen Touristenkähne und wir mit unseren Booten hingen dazwischen. Da lernten wir das Vokabular echter Spreewälder Schiffer kennen, ich will es hier lieber nicht wiedergeben. Interessanterweise waren die Frauen, die Kähne steuerten, relativ gelassen und freundlich, nur die Herren Stocherer waren echte Kotzbrocken. Ausgerechnet hier fuhren wir dann zu dem gesperrten Wehr und mussten bis zur Kreuzung zurück. Dieses Mal war kein einziger Kahn zu sehen und wir konnten in aller Ruhe weiter fahren. Natürlich machten wir auch in einem schönen Gasthaus Rast um uns für die restliche Strecke bis zur Jugendherberge Lübben zu stärken. Die Schleusen, die zu passieren waren wiesen keinen Höhenunterschied zwischen Ober- und Unterwasser auf, man konnte direkt und glatt weiterfahren. In der JuHe Lübben wurden wir schon erwartet und auch wieder verpflegt. In der Nacht musste ich dann feststellen, dass meine superteure EXPED-Luftmatratze die Luft verlor und zwar an einem der beiden Ventile, was unterwegs nicht zu reparieren war. Am nächsten Tag legte ich dann in Lübben an der Brücke an um im Intersportgeschäft eine neue Matratze zu kaufen. Tatsächlich war ein einziges Exemplar da, schön leicht aber so schmal, dass man sich nicht darauf drehen konnte. Nun gut, Hauptsache weich, ich nahm sie und fuhr der Gruppe hinterher. Bei der Mittagspause waren wir alle wieder vereint. Dieser Tag endetet auf dem Campingplatz auf der Halbinsel Raatsch im Neuendorfer See, da uns das „Natur- und Freizeitparadies“ am See nicht sehr paradiesisch mit Stechmücken und vielen Wasserpfützen empfing. Auch die Sanitärfrage konnte nicht zufriedenstellend geklärt werden, so dass wir uns entschlossen zur Halbinsel Raatsch weiter zu fahren. Wie sich zeigte, ein sehr guter Entschluss. Hier gab es natürlich auch wieder was zum essen, wie täglich auf der ganzen Tour waren natürlich Bratkartoffel dabei.

Das Hochwasser der Spree führte erstens dazu, dass wir recht flott vorankamen, zweitens konnte man wunderbar in die Landschaft schauen, denn die Ufer waren nur noch sehr niedrig. Die Landschaft war auf der ganzen Tour nie langweilig, es gab hügelige Bereiche, schilfbestandene Ufer, Ortschaften am Fluss und immer wieder ausgewiesene Rastplätze. Wir stellten aber auch fest, dass es nicht immer einfach ist, mit 14 Booten überall anzulanden. So mussten wir leider an manchem Gasthaus vorbeifahren weil einfach nicht genügend Platz für alle Boote war.

 

Die nächste Etappe sollte im Glower See beim Campingverein enden. Nach kurzem Suchen fanden wir den Landeplatz, ein flache Wiese, an der man wunderbar aussteigen konnte. Bald stand unser Zeltdorf und der Platzwart sorgte sich rührend um unser Wohlergehen. Im nahe gelegenen Gasthaus gab es leckeres Eis und später ein gutes Abendessen. Außerdem gab es einen großen Fernseher, in dem wir den Bericht der Spreefahrt von Michael Kessler vom RBB sehen konnte, der genau auf unserem Spreeabschnitt unterwegs und an der gleichen Stelle angelandet war. Am nächsten, dem 6. Tag, wollten wir nur eine kurze Etappe bis Beeskow fahren, da hier Helga und Elke zu uns und ihren Männern stoßen wollten. Wir waren dann auch recht früh im Bootshaus des KSV-Beeskow, bauten unsere Zelte auf und gingen in das nahe gelegene Stadtzentrum zu Einkaufen und Besichtigen. Dort trafen wir auch die beiden Neuankömmlinge, nun war die Gruppe komplett. Mitten im Ort gibt es eine Schlossruine in der am Abend ein Schlagerkonzert stattfand. Wir konnten es dann auch richtig gut hören, bis nach Mitternacht. Das Bootshaus selbst ist recht einfach, dafür ist der Übernachtungspreis um so höher.

Die nächste Etappe war wieder einmal sehr kurvenreich, auch hier gab es an den Schleusen Höhenunterschiede von weniger als 20 cm. Das 2. Nadelwehr war dann auch so weit geöffnet, dass man es fahren konnte. In der Drahendorfer Spree sollte es dann noch eine Umtragestelle geben, die man aber auch wieder glatt überfahren konnte. Die Tagesetappe endete vis á vis der Spreemündung in den Oder-Spree-Kanal am Forsthaus an der Spree. Die Anlandemöglichkeit war relativ gut, der Weg nach oben aber steil. Mit vereinten Kräften waren wir bald oben. Hier fielen uns gleich die Warnschilder auf, die vor den nachtaktiven Waschbären warnten. Kaum waren wir mit dem Zeltaufbau fertig kamen auch schon Horst und Ingrid aus Berlin um uns mit Kuchen und Kaffee zu verwöhnen. Sie versprachen dann auch, nochmals eine Etappe mit uns zu fahren, sobald es ihr Zeitplan zuließ. Das Forsthaus an der Spree hat einen besonderen geschichtlichen Hintergrund. Als besonders gut gesichertes Objekt des DDR-Staatssicherheitsdienstes diente es u.a. dazu, diverse untergetauchte RAF-Terroristen mit ihren neuen Identitäten vertraut zu machen. Naja, wie die Geschichte weiterging wissen wir als Zeitzeugen ja.

Die nächste Tagesetappe war wieder eine Kurzetappe, denn an Fürstenwalde wollten wir nicht einfach vorbeifahren. Beim Ruderclub wurden wir freundlich aufgenommen, 3 von uns nahmen sogar das Angebot, in Betten zu schlafen, an. Natürlich schwärmten wir bald nach Fürstenwalde aus, besichtigten die interessante Kirche und das schmalste Haus mit ganzen 3,87 m Breite und all die anderen sehenswerten Objekte. Der Tag klang dann ganz gemütlich im Restaurant neben dem Bootshaus aus. Nach der kurzen Strecke des Vortags wollten wir wieder einmal etwas länger paddeln. Nach den 6 km Oder-Spree-Kanal begann die Müggelspree, die sich sehr kurvenreich aber mit nur geringer Strömung durch die Gegend windet. Einige Fluss-Schlingen wurden wieder geöffnet, die geraden Stücke durften nicht mehr befahren werden. Auf anraten eines Paddelfreundes fuhren wir bis zum Campingplatz Erkner-Jägerbude, da es hier im Gegensatz zum Kanuclub viele und schöne Sanitäranlagen gäbe. Für eine so große Gruppe wie unsere ein nachvollziehbares Argument. Der Platz liegt schön und ist sehr gut ausgestattet, leider ist die Autobahn zu nahe am Platz. Besonders in der Nacht war der Fahrzeuglärm unangenehm. Es gab aber auch noch andere Erlebnisse in der Nacht. Noch als wir abends zusammensaßen sahen wir einen Fuchs, der Elkes Provianttasche wegtrug und sogar den Reißverschluss öffnete! Ich nahm sie ihm ab, er war überhaupt nicht scheu. Insgesamt sahen wir im Laufe des Abends 3 Füchse, offensichtlich eine Mutter mit 2 Kleinen. Mitten in der Nacht, ich wollte mal zu einem kleinen Spaziergang hinaus, stellte ich fest, dass im Vorzelt ein Schuh fehlte. Draußen entdeckte ich dann Peter und Britta, die einen ganzen Berg Schuhe zusammengetragen hatten. Auf dem ganzen Platz waren unsere Schuhe verteilt, die von den Füchsen aus den Zelten geklaut worden waren. Wir fanden dann alle unsere Schuhe wieder, nur Renate vermisste ihre Bikinihose. Ob die wohl der Füchsin passte? Armin traf es besonders hart. Bei ihm fehlte die ganze Provianttasche, von der feinen Hirschsalami war nichts mehr da und auch die anderen Lebensmittel waren weg. Sogar Elkes Brot war aufgefressen. Zum Glück wurde Armins kostbares Messer wieder gefunden, so musste nur sein Proviant und Renates Bikinihose abgeschrieben werden.

Am 10. Tag der Tour wollten wir nach Erkner zum Kanuclub. Wir durchfuhren den Dämeritzsee und stellten fest, dass der Ausstieg sehr hoch war. Es gab auch jede Menge Schnaken und auch die Sanitäranlagen entsprachen nicht Monis Geschmack. Also fuhren wir weiter in den Flakensee um dort auf einen Campingplatz zu gehen. Alle 3 Campingplätze liegen oben auf dem Hügel, was uns zu anstrengend erschien. Bei der Woltersdorfer Schleuse legten wir eine Mittagspause ein und beschlossen, zum Ruderclub Erkner zu fahren. Dort waren Moni und Walter mit den Sanitäranlagen eher einverstanden. Wir konnten bleiben, der Ehrenvorsitzende nötigte uns fast dazu. Allerdings stellten wir fest, dass wir bei den anderen Vereinsmitglieder doch nicht ganz so gern gesehen waren, da die einzige Dusche natürlich dauernd belegt war. Außer uns war noch eine Jugendgruppe auf dem Platz, daher war es doch recht eng. Am nächsten Tag war ein Ruhetag angesagt, die Autofahrer holten ihre Autos aus Cottbus, die anderen fuhren nach Berlin oder gingen in den Kanuladen.

Inzwischen kamen wir zur Einsicht, nicht durch Berlin zu paddeln, sondern von Erkner aus noch eine 2-tägige Rundfahrt durch verschiedene Seen zu fahren. So wollten wir die große Runde über Königs Wusterhausen machen, mussten sie aber wegen zu starkem Wind abbrechen und fuhren in den Krossinsee zum Campingplatz. Dort gefiel es uns so gut, dass wir die Zelte stehen ließen und am nächsten Tag ohne Gepäck zu unseren Autos nach Erkner fuhren. Nachdem wir aus dem Gosener Kanal in die Müggelspree kamen fuhren wir – wieder unter Führung von Horst und Ingrid aus Berlin- bis zum Müggelsee und danach durch die Kanäle von Neu-Venedig zurück nach Erkner. Dies war ein absoluter optischer Höhepunkt. Die Spreefahrt hätte nicht schöner enden können.

Das Wetter war uns auf der ganzen Tour hold. Nur am ersten Tag regnete es zeitweise, sonst hatten wir zwar fast täglich eine Regeneinlage, die aber immer Nachts oder am frühen Morgen war. Zeitweise hatten wir heftigen Wind, was auf den Seen nicht besonders schön war.

Alles in allem war die diesjährige Spree-Wanderfahrt eine der schönsten Gepäcktouren, die wir gefahren sind, da waren sich alle Teilnehmer einig.

Am Sonntag war dann allgemeine Abreise, nur wir und Jörg und Renate blieben noch länger und verlegten die Basisstation nach Postdam zu den Wassersportfreunden Pirschheide. Der Platz ist recht groß und wir bekamen 2 Plätze mit Seeblick direkt am Einstieg. Die Hafenmeisterin kümmerte sich rührend um uns und tat alles, um uns den Aufenthalt so richtig schön zu machen. Nur die Schnaken konnte auch sie nicht vertreiben. Einigen Vereinsmitgliedern gefiel das zwar am Anfang nicht so richtig, aber das war bald vergessen und wir wurden akzeptiert wie Vereinsmitglieder. Es gab noch eine andere Paddelgruppe aus Dinslaken zum gleichen Zeitpunkt auf dem Platz, die aber selbst ein dichtes Programm hatte, so dass es nicht zu gemeinsamen Aktionen kam. Wir fuhren von hier aus über Templiner See- Havel- Schwielowsee zur Insel Werder, umrundeten sie und paddelten dann wieder zurück. Am nächsten Tag fuhren wir über den Templiner See nach Potsdam, die Potsdamer Havel-Alte Fahrt-durch den „Tiefer See“-bis zur Glienicker Brücke, die im „Kalten Krieg“ durch Agentenaustausch berühmt wurde. Danach fuhren wir wieder durch die vorgenannten Seen und die Judengasse zurück zu unserem Platz. Natürlich mussten wir uns auch Potsdam ansehen, das wir zuletzt in den 90ern besucht hatten. Und als Höhepunkt kann man sicher den Besuch des Parks Sansoucci und den dazugehörigen Schlössern und Gebäuden bezeichnen. Schade, dass wir das in einer Hitzewelle mit Temperaturen bis 34°C durchführen mussten. Zum Abschluss unseres Brandenburg-Urlaubs verlegten wir unsere Wohnmobile noch nach Berlin zum City-Camping bei Spandau und verbrachten 2 anstrengende Tage in der Innenstadt von Berlin, die wir seit 2004 nicht mehr gesehen hatten.